Das Reichstag liegt auf einer eigenen Insel, Helgeandsholmen, direkt neben dem Königlichen Schloss. Wie ein kleines Beiboot treibt das Parlament zwischen dem Königssitz in der Altstadt, Gamla Stan, und dem heutigen Stadtzentrum im südlichen Norrmalm.
Der Beschluss zum Bau des Reichstagsgebäudes wurde 1888 gefasst. Es sollten aber neun Jahre bis Oskar II den Grundstein legen konnte. Zunächst mussten rund 37.000 Kubikmeter abgetragen und 9.000 Eichenpfähle in den weichen Untergrund gerammt werden um ein solches Gebäude zu ermöglichen. Bis zur Fertigstellung 1905 waren 12 Millionen Kronen ausgegeben - fast das Doppelte des 1888 veranschlagten Betrages. Wie die etwa gleichzeitig in unmittelbarer Nähe neu gebaute Oper ist auch Riksdagshuset im Neubarock erbaut - was nicht nur in der Einweihungsrede, sondern für zwei Jahrzehnte auch unter den schwedischen Architekten ein umstrittenes Gesprächsthema war.
Die Insel und das Gebäude beherbergte ursprünglich neben dem Parlament auch die Reichsbank. Die Straße Riksgatan teilte die Insel zwischen Reichtag im Osten und Reichsbank im Westen. Durch den notwendigen Neubau des Plenarsaals in den 1970er Jahren vergrößerte sich der Reichstag auf beide Gebäudeteile. Durch den Verzicht auf die zweite Parlamentskammer war ein größerer Plenarsaal notwendig geworden. Die Reichsbank ist seitdem an Brunkebergstorg in einem neuen Gebäude zu finden.
Was immer Schweden bewegt: der Reichstag als höchstes Organ kann sich mit jedem Thema befassen und Lösungen herbeiführen. Alle Gesetze werden hier debattiert, in einen Gesetzestext formuliert und schließlich beschlossen.
Regierung und Parlamentarier können gleichermaßen Anregungen für neue Gesetze geben. Die Vorschläge werden zunächst in einem der 15 thematischen Ausschüsse geprüft, abgestimmt und vorbereitet, bevor sie zur Debatte ins Plenum gelangen.
Mit Beschlüssen sind die Aufgaben des Reichstages noch nicht erschöpft. Die Einhaltung neuer Gesetze, die Arbeit der Regierung und das Funktionieren des Staates werden vom Parlament kontrolliert. Es darf und soll Fragen stellen und Erklärungen verlangen. Der Haushalt steht regelmäßig zwei Mal im Jahr zur Prüfung an, so jeder Regierung in Sachen Staatsfinanzen über die Schulter geschaut wird.
Eine Reichstagsordnung regelt die einzelnen Arbeitsabläufe, ähnlich der Geschäftsordnung des deutschen Bundestages.
Wann sind wieder Wahlen? Das ist in Schweden keine Frage. Das schwedische Parlament wird alle vier Jahre neu gewählt und zwar immer am dritten Sonntag imSeptember. Mit landesweit mindestens 5% der Stimmen oder mindestens 12%in einem Wahlkreis ist den Parteien ein Platz im Parlament sicher.
In der konstitutionellen Monarchie sind alle Beschlüsse dem Parlament übertragen. Das Königshaus erfüllt repräsentative Pflichten. Vergleichbar ist dies mit dem deutschen Bundespräsidenten: er repräsentiert den Staat nach innen und nach außen, die Entscheidungen werden aber durch das Parlament getroffen.
349 Abgeordnete vertreten das Volk und beschließen alle wichtigen Gesetze. Seit den 1970er Jahren gibt es dazu eine einzige Kammer, auch wurde damals das Wahlalter von 20 auf 18 Jahre gesenkt. Getagt wird in zwei Sessionen: der Herbst- und der Frühlingssession. Fast zwangsläufig begegnen die Bürger ihren Abgeordneten dann auf einer der drei Brücken, die Helgeandsholemen mit Norrmalm und Gamla Stan verbinden.
Die Zusammensetzung des schwedischen Parlaments für die Wahlperiode von 2006 bis 2010:
Die Werte sind auf volle Prozente gerundet.
Die Parteien der Sozialdemokraten, Liberalen, Christdemokraten, Linken und Grünen entsprechen in der politischen Ausrichtung etwa ihren deutschen Schwesterparteien. Die schwedische Parteienlandschaft ist bunt und vielfältig. Den beiden großen Parteien stehen mehrere kleine als Partner zur Seite. Wechselnde Mehrheiten und Minderheitsregierungen sind dem Reichstag daher sehr vertraut. Eine breite Koalition in einer Sachfrage ist so nicht gezwungen, auch zu anderen Themen eine gemeinsame Linie zu finden.
© JR 2009. Unterstützt vom Deutsch-Schwedischen Wörterbuch und den Sponsoren.